Radfahren zwischen Nordsee und IJsselmeer

Radeln rund um Bergen, Nordholland
Gruppe Radtouristik (Soziale Pedale)

Reisebericht von Ilja Keseberg

Tag 1: Samstag, 06. Juni

Ankunft Bergen

Einradeln

Angekommen in Alkmaar fängt der Urlaub an. Vergessen die Fahrt, das frühe Aufstehen, die zwei Stunden Schlaf der Nacht. Die Sonne nimmt dem frischen Wind die Schärfe, und nach 6 km erreichen wir die Pension "Boschlust" in Bergen, unser Quartier der kommenden Tage.

Schnell das Gepäck auf das Notwendige reduziert und auf in die traumhafte Dünenlandschaft von Schoorl. Ein angenehmer Weg führt uns zum Aussichtspunkt an De Kerf (der "Kerbe"). Nach dem Rundblick stürzen sich Karin, Volker und ich in die frische Nordsee. Der Übergang von Eiseskälte zum Genuß ist lang - beinahe zu lang. Zurück geht es, nach kurzer Kaffeepause in Bergen aan Zee, über eine kleine Berg- und Talbahn durch Dünen, Heidelandschaft und Wald. Nach dem Abendessen folgt eine willkommene Nacht.


Strecke 27 km ( Auf 250 m, Ab 275 m)

Tag 2: Sonntag, 07. Juni

Durch die Schoorler Dünen nach Callantsoog

Ja wo fahren sie denn?

85% Regenwahrscheinlichkeit? Wir sind bescheiden, und begnügen uns mit den restlichen 15%. Durch das Dünengebiet von Schoorl geht es an die Nordseeküste. An der asphaltierten Rennpiste unterhalb des Deiches misst Klaus die Wassertemperatur und kommt auf ganze 14,5 °C. Wir erreichen Sint Maartenszee, wo im Kernforschungszentrum Atome (statt Mänteln) geteilt werden. Von dort aus machen wir einen kleinen Abstecher nach Callantsoog.

Dschungel unter dem Meer

Ein Spaziergang durch das kleine "Wildrijk" bei Sint Maartensvlotbrug bietet auf dem Rückweg eine willkommene Abwechslung zum Radeln. Urige Pfade durchziehen den dichten Baumbestand und zwei Buntspechte nehmen vor uns reisaus. Nach einer kleinen Pause in Groet kehren wir tatsächlich trocken nach Bergen zurück. Wer hätte das heute morgen gedacht? Erst jetzt beginnt es, bis spät in die Nacht hinein zu regnen.


Strecke 55 km ( Auf/Ab 266 m)

Tag 3: Montag, 08. Juni

Auf dem Westfriesedijk nach Kolhorn

Pyramiden in Holland?

Der nächtliche Regen hat die Sonne freigespült und wir strotzen vor Tatendrang. Über die Zugbrücke bei Schoorldam queren wir den Noordhollandsch Kanaal und fahren von nun an auf dem Westfriese Dijk nach Norden. Wir genießen den Fahrradweg mit Aussicht, der sich in vielen kleinen Windungen durch das Land schlängelt.

Malerisch schön!

Richtung Sint Maartensbrug verlassen wir kurz den Deich und fahren ein Stück am Kanal Groote Sloot entlang, um daraufhin eine kleine Pause in Schagen einzulegen. Dann kehren wir auf unseren "Höhenweg" zurück und folgen diesem nach Osten bis zum malerischen Dorf Kolhorn, um von dort zunächst nach Süden, dann Richtung Zijdewind den Rückweg einzuschlagen.

Schnell kehren wir der Hauptstraße den Rücken und lassen uns einmal mehr vom praktischen Knotenpunkt-System leiten. Nach dem Erholungsgebiet Geestmerambacht überqueren wir vor Alkmaar wieder den Noordhollandsch Kanaal, von dem aus es nur noch ein Katzensprung bis zu unserem Quartier ist.


Strecke 66 km ( Auf/Ab 211 m)

Nordsee mit Fieber?


Nachtrag:
Liegt es am schönen Wetter, oder an der guten Verpflegung? Jedenfalls machen alle noch eine Verdauungsradtour von etwa 15 km, wobei Karin, Volker und ich in Bergen aan Zee ein spätes Bad in der Nordsee nehmen. Irgendwie scheint das Wasser heute wärmer zu sein...

Tag 4: Dienstag, 09. Juni

Über Schermerhorn nach Graft-de Rijp

Übers Wasser fahren

Aufwachen und lauschen: Es regnet! Zum Frühstück lässt der Regen nach, und wir behalten doch unsere ursprüngliche Planung bei. In Alkmaar überqueren wir den Noordhollandsch Kanaal und folgen diesem ein Stück, lassen aber den Innenstadtbereich möglichst schnell hinter uns. Wir passieren vier "Strijkmolen" und fahren über die "Ambachtsmolen" zum "Ringvaart"-Kanal. Über den Noordschermerdijk geht es zum Mühlenmuseum in der Nähe von Schermerhorn, dabei verschafft uns heute der Wind zu künstlichen Bergfahrten.

Am Gerichtsgebäude in Grootschermer können wir die Entwicklung der Justizia bewundern: War selbige 1639 noch rank und schlank, sah man ihr die fetten Jahre 1652 bereits deutlich an. An der Kirche in Graft-de Rijp legen wir eine Pause ein und erkunden in Ruhe das alte, malerische Städtchen. Nahe Spijkerboor präsentiert mir ein Haubentaucher gleich zwei Mal seinen Fang, wobei unsere Kaffeepause in Driehuizen leider nicht gleichsam erfolgreich ist.

Holländische Zweitwagen

Es dauert nicht lange, und wir sind wieder in Alkmaar. Hier gibt es eine wirkliche Kaffeepause im ruhigen Innenhof eines ehemaligen Klosters, dann fahren wir zurück nach Bergen. Trotz der tiefschwarzen Drohungen des Vormittags dürfen wir auch heute (trocken) dem rücksichtsvollen Wetter danken!


Strecke 64 km ( Auf/Ab 193 m)

Tag 5: Mittwoch, 10. Juni

Stadtbesichtigung Alkmaar

Alles Käse!

Das Wetter macht einen guten Eindruck, und mit leichtem Gepäck machen wir uns auf zur Besichtigung von Alkmaar. In einem Kreisverkehr drehen wir eine kleine Ehrenrunde und sehen dann einem Reiher zu, wie er versucht, sich einen Aal einzuverleiben. Oder umgekehrt? Wir warten das Ende des Kampfes nicht ab, und Volker führt uns zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt: Grote Kerk, Grachten, Fischmarkt und Waage stehen auf dem Programm, bevor der Rest des Tages zur freien Verfügung steht.

Alkmaar Prachtstad

Nach einer ruhigen Mahlzeit verlasse ich Alkmaar Richtung Süden und lege im Tierpark neben dem Gemeindefriedhof eine ausgedehnte Rast ein. In einer Voliére balzt eine Micro-Taube und ein kleines Mäuschen mit großen Ohren sucht nach heruntergefallenen Körnern. Während neben mir mehrere junge Dohlen gefüttert werden, macht beim Damwild ein wenige Minuten altes, und noch nasses Kalb seine ersten Schritte. Ich setze meine Fahrt Richtung Egmond Aan Den Hoef fort und fahre dann über 31, 4, 5 und 7 zurück nach Bergen. Das System mit den Knotenpunkten ist wirklich praktisch. Trotz reduziertem Einsatz bin ich ganz schön müde. Aber es war ja auch ein echt tierischer Tag.


Strecke 37 km ( Auf/Ab 267 m)

Tag 6: Donnerstag, 11. Juni

Besucherzentrum Castricum

Gehörnte Gesellschaft

Wieder hat es die ganze Nacht geregnet und hört auch zum Frühstück nicht ganz auf. Wir ahnen Schlimmes und brechen, eingehüllt in Regensachen auf. Zunächst geht es in die Dünen und nach Bergen aan Zee, wo wir durchnässt ankommen. Am Regen liegt das weniger, und wir entledigen uns der zweiten Haut. Wir fahren in das Dünenreservat ein, in dem laut Infotafel Rinder und Pferde als "Rasenmäher" eingesetzt werden.

Nichts gegen Kühe, aber das Hochlandrind, das mit Kalb und gesenktem Kopf auf uns zugestürmt kommt, flößt allen einen gehörigen Respekt ein. Der Bulle, der kurz darauf des Weges trottet, wirkt dagegen, trotz seiner gewaltigen Hörner geradezu beruhigend. Auch die Pferde wirken brav und nehmen unsere Anwesenheit gelassen hin. Wir fahren weiter zum Besucherzentrum Castricum, wo wir viel über die Wasser und Landgewinnung erfahren könnten, wäre unser Holländisch besser.

Nun mal nicht gleich aufplustern.

Auf der Fahrt zum Strand wird vor einem Bussard gewarnt, der seine Agressivität offensichtlich auf eine kurze Strecke begrenzt. Nach einem längeren Bad in der inzwischen 16 °C warmen Nordsee geht es auf unterschiedlichen Wegen zurück. Karin und ich wählen erneut den Weg durch die Dünen und Bergen aan Zee, dem Rind mit Kind begegnen wir dabei nicht mehr.


Strecke 50 km ( Auf/Ab 275 m)


Nachtrag:
Unsere Hausherrin hat sich leicht verletzt. Wir haben daher schon am Morgen in Bergen aan Zee reserviert und suchen den Mexikaner auf. Abgesehen vom seltsamen Recycling falsch servierter Getränke sind wir zufrieden. Für Hin- und Rückfahrt kommen noch etwa 15 km auf unser Konto.

Tag 7: Freitag, 12. Juni

Mit dem Wind nach Hoorn

Klischee? Egal!

Sonne! Und es sieht nicht danach aus, als ob sich daran heute etwas ändern könnte. Wir fahren über Alkmaar, wo Michael zwei Löffler sichtet, zum Westfriese Dijk und weiter über Ursem unserem Ziel entgegen. Eine Abweichung von der geplanten Route verschafft uns fünf Sonderkilometer, aber das stört heute niemanden. Nach 36 km mit Rückenwind erreichen wir kaum gefordert die Hafenstadt Hoorn.

Silhouette Hoorn

Karin gibt uns eine kleine Stadtführung mit anschließendem Freigang. Volker und ich baden noch im offensichtlich nichtschwimmertauglichen Ijsselmeer, dann trotzen sechs Unerschrockene auf der Rückfahrt den friesischen Winden. Der Wind kommt jetzt von vorne und wir kämpfen uns von Kaffeepause zu Kaffeepause. Einem Café an der Strecke entgeht der Umsatz knapp, weil Michael nach fünf Tagen einfach keinen Apfelkuchen mehr sehen kann.

An der "Kornmolen" gegenüber rettet Butterkuchen die prekäre Lage, und wir wohnen Filmarbeiten mit scherzhaftem "Meel Maal Molen" bei. In Alkmaar treffen wir auf zwei der Bahnreisenden und kehren gemeinsam nach Bergen zurück.


Strecke 74 km ( Auf/Ab 322 m)


Nachtrag:
Ein Bad kommt selten allein, und so leiste ich Karin an der "Kerf" noch Gesellschaft (+12 km). Das Wasser ist herrlich!

Tag 8: Samstag, 13. Juni

Freier "Ruhetag"

Architektur in Bergen

Die Wetterlage hat den freien Tag nach hinten verschoben, dafür ist heute aber auch beinahe Sommer. Meine Planung sieht das Aufspüren dreier "Schätze" (Geocaches) vor.

Ein großer Geocache

Der "A.R.H. Cache" führt mich durch das historische Bergen. Ein paar Rätsel sind seltam, die Fehler lassen sich aber mit ein wenig Nachdenken beseitigen. Bei den Caches "Schoorl" und "Apoti-Owo" ist das Ziel zwar bereits von Anfang an bekannt, dennoch dauert es aufgrund der Abgeschiedenheit eine ganze Weile, die "Schätze" zu finden.

Am Abend danken wir Birgit und Volker für die ganze Organisation. Ein schöner Tag... wirklich schade, dass Morgen alles schon wieder vorbei sein soll!


Strecke 35 km ( Auf/Ab 393 m)

Tag 9: Sonntag, 14. Juni

Kerf und Heimreise

Schwimmende Kunst

Die Sachen sind gepackt, dürfen aber noch in den Zimmern verbleiben. Wir verabschieden Rita, Klaus und Hartmut, die auf dem Rad Richtung Heimat radeln. Mit Minimalausrüstung geht es zum Schauen und Baden ein letztes Mal an die "Kerf". Schnell noch beim "Heijn" die letzten holländischen Euros in Fressalien eingetauscht und schon geht es zum Bahnhof. Über Nijmegen und Venlo erreichen wir schließlich wieder die Heimat.


Strecke 20 km ( Auf156 m, Ab 130 m)

FAZIT

Wetterglück mit Harmonie

Es war eine harmonische Woche. es gab keine Leistungsausreißer in der Gruppe (weder nach oben, noch nach unten) und nahezu alle Touren haben wir gemeinsam gemacht.

Saal der Speisen

Birgit und Volker haben mit der "Boschlust" eine gute Wahl in Sachen Quartier getroffen. Frau van Leeuwen müssen wir für das Abendessen danken, das nicht zu ihrem Standard gehört. Doch nur so konnten wir den Tag gemeinsam ausklingen lassen und den "Feierabend" genießen.

Die Landschaft ist ein Traum: Selten liegen Laubwälder, Heide und Dünen so dicht beieinander. Bei den Fahrten über die Deiche hat man stets einen tollen Fernblick, und die Städtchen mit ihren Grachten, Gassen und kleinen Häuschen üben eine ganz besondere Anziehungskraft aus. Die ausgewählten Routen haben all das hervorragend verbunden.

Typisch Holland?

Holland ist flach, und die Höhendifferenzen oben sind eher zum Schmunzeln gedacht. Viele Meter kommen dabei noch immer aus der Ungenauigkeit der Satelliten, obwohl ich grobe Ausreißer bereits herausgerechnet habe. Der teilweise kräftige Wind kann hervorragend Steigung und Gefälle ersetzen, das sollte man stets für den Rückweg bendenken!

Bleibt das Wetter. Keiner weiß, warum wir weitgehend trocken blieben, aber wenn es "nebenan" (zuhause) den Berichten nach nur regnet, und man selbst im T-Shirt radfahren kann, dann hat man wirklich Grund zur Freude!

 

Ilja

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