Bergwandern in den Julischen Alpen

Sočatal, Trenta, Slowenien

(oder: "Wo ist eigentlich Bert?")


NaturFreunde Nordrhein-Westfalen, Fachgruppe Bergsteigen

Tourenberichte von Ilja Keseberg

Samstag, 04. August

Anreise

Trenta

Charlotte, Uda, Michael und Volker sind mit dem Zug angereist und bereits vor Ort, die Fahrgemeinschaft aus Sabine, Bert, Wulf und mir (Ilja) trifft pünktlich mit dem Auto ein. Schnell werden die Appartments der Gaststätte Gostišče Metoja (610m) unterhalb von Trenta na Logu verteilt, und um 18 Uhr studieren wir erstmals die ungewohnte "Bausatz-Speisekarte", die wir in den zwei Wochen noch oft nutzen werden.

Sonntag, 05. August

Soča talwärts

Hängebrücke

Als kleine Einlauftour fällt die Wahl auf den Pfad entlang der Soča. Eine ausgesprochen gute Idee, denn talwärts ist es bei den tropischen Temperaturen (34° C) nicht ganz so anstrengend, und der Weg entlang des smaragdfarbenen Wassers ist ausgesprochen attraktiv, die schwingenden Hängebrücken allerdings nicht für jeden eine Freude.

Mintgrün?

Alpenveilchen säumen den verspielten Pfad, und nicht nur diese veranlassen Bert wiederholt dazu, den Anschluss an die Gruppe zu verlieren. Da die Laufrichtung heute klar vorgegeben ist, findet er uns aber immer wieder, wenn sein Weg auch hier und da nicht der Unsere ist. Ob Thymian oder Pfefferminz - auch die Kräuterküche blüht. Nach einem Abstecher kehren wir zur Bushaltestelle im Ort Soča (487m) zurück.

Montag, 06. August

Zur Soča-Quelle

Bergmann

Auch heute fällt die Wahl auf den Soča-Pfad, jedoch in die andere Richtung. Bert wird heute seine Mütze verlieren, und läuft zurück, denn dafür muss er selbige ja erst einmal mitnehmen. Am Alpinum Julianum und dem Denkmal von Julius Kugy vorbei geht es zunächst zur Soča-Quelle (ca. 916m), wo uns eine kurze, seilversicherte Kletterpassage erwartet, bevor wir einen Blick in den blauen Quelltopf werfen können.

Klettersteig

Die paar Höhenmeter sind uns natürlich nicht genug, und wir steigen immer weiter auf, bis wir schließlich unseren höchsten Punkt am Vršič-Pass (1611m) erreichen. Ein Teil von uns nimmt gleich den Bus hinab, was das Platzangebot im späteren Bus der noch hier Verweilenden deutlich verbessert.

Dienstag, 07. August

Češ Dol

Flattermann

Nach dem gemütlichen Frühstück im Metoja (610m), das dank Verbesserungen durch den äußerst entgegenkommenden Wirt inzwischen allen gut schmeckt, geht es zum Sattel Češ Dol (1632m). Obwohl der Weg größtenteils im Schatten verläuft, geraten wir ordentlich ins Schwitzen - Wulf geht die Luft aus, er entscheidet sich zum Abbruch. Erst, als wir uns dem Scheitelpunkt nähern, erinnert eine kühle Brise daran, dass es wohl keine 30°C mehr sind.

Almhütte

Durch ein steiles Schuttstück steigen wir zur Zadnjica ab, der wir zurück nach Trenta na Logu (620m) folgen. Am Ortseingang trennen sich unsere Wege. Wir haben die Wahl zwischen Warten auf die Öffnung des "Supermarktes", oder der Rückkehr zum Metoja über den Panoramablick an der Soča, womit auch die Umrundung des Zadnjiški Ozebnik (2084m) abgeschlossen ist. An das Bausatz-Prinzip der Speisekarte haben wir uns bereits gewöhnt

Mittwoch, 08. August

Ruhetag

Wasserfall

Die geplante Hüttentour muss verschoben werden, die Hütte ist voll. Bovec, Wandern, Geocachen... wirklich zur Ruhe kommt niemand. Das Abendessen entsteht heute in Eigenregie, unter Beteiligung Aller: Ratatouille à la Volker. Irgendwie habe ich einen im Tee - dabei habe ich zu dem herrlichen Essen nur Rotwein getrunken!? Während ich diese Zeilen schreibe, regnet es. Hoffentlich bringen die Tropfen die ersehnte Abkühlung für die morgige Hüttentour!

Donnerstag, 09. August

Hüttentour 1, Tag 1: Koča Pod Bogatinum

Kunstvoll

Der Bus bringt uns nach Soča (487m) und wir haben ein ganzes Stück Asphalt vor uns, der Uda schnell zum Abschied überredet. Nach einiger Zeit zweigt der Weg versteckt nach rechts ab, und nach einer kleinen Klamm geht es steil aufwärts. Dankbar sind wir den dichten Buchenwäldern, die hier auf den Felsbrocken wachsen und der prallen Sonne ihren Schrecken nehmen.

Denkmal

Nach einer, zu Museumszwecken restaurierten Schaf-Farm, zu der erstaunlicherweise kein Wegweiser führt, ziehen Wolken vor die Sonne. Kurz darauf beginnt es zu Donnern, und auf unserem höchsten Punkt (ca. 1840m) sind wir dem Regen ausgesetzt. Alle sind froh, unsere Unterkunft Koča Pod Bogatinum (1513m) zu erreichen. Eine Schulklasse sorgt mit "Mein Hut der hat drei Ecken" auf slowenisch für die Abendgestaltung vor der zähen Nacht.

Freitag, 10. August

Hüttentour 1, Tag 2: Mahavšček

Morgenblick

Zu viert brechen wir auf, um vor dem Abstieg auf Gipfeltour zu gehen. Da sich Bert bereits an der Hütte Dom na Komni verläuft, und unsere Rufe nach ihm nur die Gäste der Hütte wecken, machen sich Michael, Volker und ich an den Aufstieg zu dritt. Nach ein paar verfallenen Kriegsgebäuden setzt kalter Wind ein und treibt uns, sowie vier Gemsen an schönen Edelweiss vorbei den Hang hinauf zum Mahavšček (2008m). Während zwei Bergfalken im Wind stehend Ausschau nach Beute halten, versuchen wir, in der Ferne die Adria zu erkennen.

Otter, Helga Happ

Nur ein kurzer Aufenthalt, und nach kurzem Abstieg geht es auch noch auf den Bogatin (1977m), der zwar niedriger, aber ein optisch ansprechender Gipfel ist. Bert hat inzwischen Anschluss zu Charlotte, Sabine und Wulf gefunden und ist mit diesen auf dem Abstieg vom Sattel Vratca (1803m). Wir schließen vor der Hütte Planinski dom pri Krnskih jezerih (1385m) zu ihnen auf und steigen in unzähligen Serpentinen zur "Hütte" Dom Dr. Klementa Juga v Lepeni (680m) ab. Bert verlässt uns an der Lepenjica erneut, da er erst noch Teile seiner Teleskopstöcke wiederfinden muss. An der Bushaltestelle an der Soča warten wir vergebens auf ihn, irgendwie muss er uns überholt haben...

Samstag, 11. August

Ruhetag

Armer Poet

Richtige Regentage sind in Michaels Freizeiten glücklicherweise Mangelware. Hin und wieder braucht es mal einen solchen, um uns zu zeigen, wie Urlaubswetter in den Bergen auch aussehen kann. Heute ist ein solcher und wir hoffen, überwiegend ruhend, auf baldige Besserung...

Sonntag, 12. August

Slemenova Špica und Mala Mojstrovka

Unser Ziel

Als "einer der schönsten Plätze für atemberaubende Fernblicke" gilt in Slowenien der Slemenova Špica (1911m), kurz: Sleme, den wir heute aufsuchen. Die nach der Busfahrt zunächst noch dichte Wolkendecke reißt auf und gibt nicht nur den Blick auf die Nordwand des Mala Mojstrovka, sondern auch einen großen Teil des Panoramas für uns frei - toll!

Nebelhaft

Im Anschluss steigen wir, leider ohne Charlotte und Wulf in den Klettersteig auf den Mala Mojstrovka (2332m) ein. Unsere beiden Klettersteignovizen Sabine und Bert (anwesend) schlagen sich erstaunlich gut und wir erreichen nach vielem Umhängen der Sicherungen wohlbehalten den Gipfel. Ein kurzer Aufenthalt und es geht auf der anderen Seite wieder abwärts, allerdings schwieriger, als die Kletterei zuvor. Wer das Abfahren im Schutt nicht mag, rutscht mehr oder weniger freiwillig wieder zum Vršič-Pass (1611m) hinunter.

Montag, 13. August

Friedensweg zum Fort Herman

Pilze

Der Bus bringt uns nach Kal-Koritnica, von wo aus wir zunächst durch die pralle Sonne zur Soča (ca. 400m) wandern. Obwohl es bergab geht, wird uns ganz schön warm. Auf einer sehr langen Hängebrücke können wir unser Gleichgewicht auf die Probe stellen, denn die Brücke schwankt gehörig. Den Weg durchs Kamp Kovač kennt Michael glücklicherweise schon, die Beschilderung ist mager. Wir bewegen uns auf dem Friedensweg bei Bovec.

Alles Quak

Im Schein weniger Taschenlampen erkunden wir ein Relikt der Schlachten am Isonzo (italienischer Name der Soča) und machen kurz darauf Halt am Soldatenfriedhof in Bovec. An einer Kirche läuten wir (im wahrsten Sinne des Wortes) für uns und einige Ziegen zu Mittag und müssen wenig später lange auf Bert warten, der sonst den Abzweig auf der anderen Straßenseite verpasst hätte. Am Fort Kluže bietet eine Familie Uda eine Mitfahrgelegenheit nach Bovec an, die sie angesichts der hohen Temperaturen dankbar in Anspruch nimmt.

Fort Herman

Für den Rest geht es weiter aufwärts, bis wir Fort Herman (ca. 650m) erreichen, eine gewaltige Festung, an der gehörig der Zahn der Zeit genagt hat. Die langen, in den Fels geschlagenen Gänge sind noch erhalten, und es ist erschreckend wie versteckt hier Schützen auf den Feind warten konnten, der ihnen hilflos vor die Maschinengewehre lief. Auf der anderen Seite der Koritnica wandern wir wieder hinab zu unserem Ausgangspunkt und warten geschafft auf den Bus.

Dienstag, 14. August

"Ruhetag" Kapelle Marija Snezna

Ausblick

Von "Ruhe" kann vor der kommenden Hüttentour nicht wirklich die Rede sein, denn mit Uda, Charlotte und Wulf fahre ich zum Camp Korita (ca. 500m). Eine Weile leistet uns Uda noch Gesellschaft, dann steigen wir zu dritt auf zur kleinen Kapelle Marija Snezna (ca. 750m), die direkt an der oberen Kante einer mächtigen Steilwand liegt. Wir genießen die Aussicht, dann trennen sich unsere Wege, da ich noch ein größeres Programm vor mir habe.

Eidechse

Auch Geocachen führt einen an denkenswerte Orte: Mit dem Auto fahre ich nach kurzer Foto-Session an einem Gebirgsfluss nach Kal-Koritnica, wo ich zu den befestigten Schützengräben von Čelo aufsteige, einer weiteren Gedenkstätte für die Schlachten des Ersten Weltkriegs. Mit wenigen Stützpunkten konnte hier im Tal der Durchbruch Italiens nach Triest erfolgreich verhindert werden. "Erfolg" ist angesichts der unzähligen Toten allerdings sicher das falsche Wort.

Mittwoch, 15. August

Hüttentour 2, Tag 1: Aufstieg zum Triglav

Triglav

Um 05:15 Uhr brechen wir am Gostišče Metoja (610m) auf, und wandern im Dunklen in das Tal zum Luknja Pass (1758m), wo wir in den Bambergweg einsteigen. Nur wenige Passagen sind ein "Klettersteig", doch der Weg ist anspruchsvoll und ausgesetzt. Klein wie Ameisen bewegen sich Kletterer durch den senkrechten Fels der 1000m hohen Nordwand. Am Gipfelfuß (ca. 2500m) zweigt Michael zur Hütte ab. Angesagt waren 10° C, doch uns ist viel zu warm!

Wie Pudding

Volker, Bert und ich wollen dennoch den Gipfel besteigen und kraxeln weiter aufwärts. Mehrfach denke ich, dass ich abbrechen muss, das war heute einfach zuviel des Guten. In Gipfelnähe höre ich sogar die Engel singen, die sich als sechsstimmiger Chor entpuppen, der zu Maria Himmelfahrt ein Ständchen bringt. Kurz darauf betrete ich den Gipfel des Triglav (2864m). Ist es Freude oder Erleichterung? Mir schießen die Tränen in die Augen, die Stimme versagt.

Gipfelrakete

Keine 50 Meter unterhalb durchfährt ein stechender Schmerz mein Knie, unter Last kann ich dieses nicht mehr beugen. Mit den Stöcken stütze mich Stück für Stück herunter. Volker ist bereits am Gipfelfuß und kann mit dem Fernglas mein Problem erahnen. Endlich erreichen auch Bert und ich den Weg und steigen zur Hütte Tržaška koca na Dolicu (2151m) ab. Deren Lager ist voll, die "Toiletten" sind draußen, Wasser gibt es keins. Gut, dass Sabine im Tal geblieben ist...

Donnerstag, 16. August

Hüttentour 2, Tag 2: Abstieg

Weg

Nach einer ruhigen Nacht gibt es ein simples Frühstück. Volker möchte mit mir absteigen, und Michael meint, er wäre auf dem geplanten Gipfel schon gewesen. Selbst Bert stimmt dem Abstieg schnell zu - soviel zu gestern. Meine Stöcke sind im Dauereinsatz, jeden Schritt muss ich überlegen. Wir kommen dennoch gut voran und sind gegen Mittag im Quartier. Aus der kurzen Ruhepause werden drei Stunden tiefer Schlaf. "Muskelkater in den Armen? Kommt vom Wandern!".

Freitag, 17. August

Ruhetag, letzte Tour

Talblick

Der Geist ist willig, das Knie schwach. An der letzten Tour würde ich gerne noch teilnehmen, doch die Vernunft siegt. Statt in unbekannten Gefilden zu wandern, steige ich nur behutsam den bekannten Pfad an der traumhaften Soča hinab und gönne mir, nachdem mich Uda und Volker verlassen haben, zahlreiche Fotopausen. Nach einer "Kislo Mleko" überzeuge ich den Linienbus zum Anhalten und lasse mich vom hilfsbereiten Fahrer vor der Gostišče Metoja absetzen.

Traumfluss

Der Rest der Gruppe erkundet die uns bis dato noch unbekannte Talseite hinter unserer Gaststätte und steigt auf einem alten Militärweg mit Kehren, Kehren und nochmals Kehren (Wulf hatte eben diesen Weg schon zuvor erwandert), wieder hinab ins Tal. Ein letztes gemeinsames Abendessen und die schöne Freizeit in einer ungewohnten Umgebung neigt sich rasant dem unvermeidlichen Ende entgegen...

Samstag, 18. August

Abreise

Domizil

Nach dem schönen Aufenthalt in der Gostišče Metoja heißt es nun Abschied nehmen. Wie immer brechen wir Autofahrer so früh wie möglich auf, um dem Stau auf der Heimfahrt zu entgehen. Auf der Aussichtsplattform auf dem Weg zum Vršič-Pass schauen wir noch einmal wehmütig ins Tal und weiter geht es Richtung Heimat. Abgesehen von einer ordentlichen Stockung vor München kommen wir gut durch.

 

Ohne Michael hätte es mich nie an diesen traumhaft schönen Fluss verschlagen - herzlichen Dank!
Dank auch an Volker für das Gemeinschaftskochen und an Alle für die Gesellschaft!

Ilja

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